Corona und Schadensersatz – Staatliche Entschädigungen für Maßnahmen im Rahmen des Lockdown?

6. Mai 2020

(Stefan Höfling und Marianne Leikam)

Der sog. Lockdown im Zuge der Corona-Krise besteht schon seit mehreren Wochen. Auch wenn erste Lockerungen in Sicht sind, werden auch weiterhin erhebliche Einschränkungen bestehen bleiben. Dies betrifft z.B. Einzelhandelsunternehmen genauso wie Gastronomie- und Sportstättenbetreiber. Dabei entgehen den Unternehmen tagtäglich erhebliche Gewinnumsätze. Gleichzeitig fallen unverändert Betriebskosten an. In den meisten Fällen reichen die mittlerweile angelaufenen staatlichen Finanzhilfen nicht annährend aus, um auch nur kostendeckend, geschweige denn wirtschaftlich und gewinnorientiert so zu agieren, wie vor der Pandemie. Um sich nicht schon jetzt zumindest die Möglichkeit abzuschneiden, ggf. von staatlichen Einrichtungen später Schadensersatz zu erhalten, sollten daher schon jetzt wichtige Eckpunkte evaluiert und ggf. Maßnahmen ergriffen werden.

Erfolg von Schadensersatzklagen?

Ob ein Unternehmen aus den aktuellen, staatlicherseits angeordneten Schließungen tatsächlich Schadensersatzansprüche gegen den Staat ableiten kann, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles und kann daher ohne eine eingehende Prüfung des konkreten Sachverhaltes nicht pauschal beantwortet werden. Es existieren jedoch eine Vielzahl von denkbaren staatshaftungsrechtlichen Anspruchsgrundlagen, die die Zahlung von Entschädigungen oder Schadensersatz sowohl bei im Nachhinein rechtmäßigen und verhältnismäßigen, als auch erst recht bei rechtswidrigen und unverhältnismäßigen staatlichen Eingriffen grundsätzlich vorsehen.

Maßnahmen zur Sicherung des Sekundärrechtschutzes

Um im Bereich des Staatshaftungsrechts Ansprüche erfolgreich zu verfolgen, müssten oftmals schon im Vorfeld gerichtliche Abwehrmaßnahmen gegen die Einschränkungen und Verbote selbst ergriffen werden, z.B. auch mittels eines Verfahrens im Eilrechtschutz, das für eine schnelle Klärung der Lage in den meisten Fällen wohl auch geboten sein wird. Ob im jeweiligen Fall Abwehrmaßnahmen Anspruchsvoraussetzung für Schadenersatz sind, wird insbesondere davon abhängen, ob die staatliche Maßnahme, die den Schaden verursacht und wegen der Schadensersatz geltend gemacht werden soll, von Gerichten als rechtmäßiges oder rechtswidriges staatliches Handeln eingestuft wird. Der Grundsatz „dulde und liquidiere“, wie er im Privatrecht anerkannt ist, existiert im Verhältnis zum Staat, je nach Anspruchsgrundlage des Schadensersatzanspruchs, oftmals nicht. Das bedeutet konkret:

Lässt der Betroffene den primären staatlichen Eingriffsakt durch schlichte Hinnahme der Maßnahme einfach zu, so verfällt auch ein ggf. existierender sekundärer Entschädigungsanspruch gegen den Staat für die aus der Maßnahme erlittenen Schäden. Nur wer also vorab zumindest den Versuch unternommen hat, sich gegen die aktuellen Beschränkungen, z.B. (teilweise) Zwangsschließungen zu wehren, hält sich jedenfalls die Möglichkeit offen, in einem weiteren Schritt später erfolgreich Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

Erfolg von Abwehrmaßnahmen mit fortschreitender Dauer der Verbote wahrscheinlicher

Angesichts der voranschreitenden Dauer der Einschränkungen und Verbote erscheint es zudem auch immer wahrscheinlicher, dass Rechtsmittel gegen diese Einschränkungen im Wege des Primärrechtschutzes Erfolg haben. Dies zeigt eine sich abzeichnende Tendenz in der Rechtsprechung, die bei der derzeitigen Ausgestaltung der Einschränkungen und Verbote z.B. bei Ladenschließungen verfassungsrechtliche Bedenken äußert (z.B. VGH Bayern, Beschluss v. 27.04.2020 – 20 NE 20.793, VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 30.04.2020 – 1 S 1101/20, Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Entscheidung vom 28.04.2020 – Lv 7 / 20 eA).

Fazit

Es zeigt sich, dass bei den erheblichen nachteiligen wirtschaftlichen, teilweise existenzbedrohenden Folgen der staatlichen Maßnahmen und Einschränkungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie ein einfaches Dulden der Maßnahmen gerade nicht angezeigt ist, sondern nach einer individuellen sowohl rechtlichen als auch kaufmännischen Prüfung und Einschätzung des jeweiligen Einzelfalls ggf. (vorsorglich) schon jetzt Maßnahmen ergriffen werden sollten, um sich etwaige Sekundäransprüche auf Schadensersatz zu sichern. Pauschale Aussagen über die Zulässigkeit und Unzulässigkeit von Maßnahmen und deren Rechtsfolgen gerade und auch auf Sekundärebene verbieten sich. Sowohl wegen der tatsächlichen Unklarheiten als auch des teilweisen rechtlichen Neulandes, das von den Gerichten weiter konkretisiert werden muss, bedarf es einer rechtlichen Würdigung im Einzelfall. Die vorstehenden Parameter haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzten keine individuelle Rechtsberatung. Für Ihre Fragen rund um das Thema stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.